Wieso die Entwicklung der Lebensstruktur im Frühkindesalters stattfindet
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Wieso die Entwicklung der Lebensstruktur im Frühkindesalters stattfindet
Die ersten sechs Lebensjahre sind entscheidend für unsere gesamte psychische Entwicklung. Sie legen den Grundstein für unser Urvertrauen, unsere Selbstständigkeit, unsere Beziehungsfähigkeit – und sogar unsere Sexualität. Die Psyche baut in dieser Zeit eine Struktur auf, die wie ein inneres Gerüst unser Leben prägt.
Doch was, wenn in einem dieser Entwicklungsschritte etwas fehlt? Die Folgen können uns noch im Erwachsenenalter begleiten – oft, ohne dass wir die Verbindung zur frühen Kindheit erkennen.
Das erste Lebensjahr – Die sichere Bindung als Fundament
Urvertrauen entsteht: Im ersten Lebensjahr ist unser zentrales Bedürfnis Sicherheit. Wir sind völlig abhängig von der Fürsorge anderer. Jede Berührung, jeder Blick, jede Reaktion auf unser Weinen oder Lächeln prägt unser Gehirn.
Eine stabile Bindung vermittelt: „Ich bin hier sicher, ich darf sein, wie ich bin.“ Dieses Gefühl speichert sich tief in unserem Nervensystem.
Wenn Bindung fehlt: Bleibt die Fürsorge aus oder ist sie unberechenbar (mal liebevoll, mal abweisend), speichert das Kind: „Ich kann mich nicht verlassen.“
Später kann sich das zeigen als:
- Verlustangst
- ständiges Suchen nach Bestätigung
- Schwierigkeiten, anderen zu vertrauen
- emotionale Abhängigkeit oder Beziehungsflucht
Das zweite Lebensjahr – Die Trennung als Schritt zur Selbstständigkeit
„Ich bin ich“: Nach der sicheren Bindung kommt die Loslösung. Das Kind entdeckt seine eigene Identität – es lernt, „Nein“ zu sagen, eigene Entscheidungen zu treffen und sich auch mal von den Eltern zu entfernen. Es erobert selbstständig die Welt. Es lernt also seine eigenen Bedürfnisse mit "Ja" und "Nein" richtig auszudrücken.
Das Kind sollte trotzdem auch Grenzen lernen, denn manchmal ist es wichtig gewisse Regeln zu befolgen, um die Frustrationstoleranz zu entwickeln und zu lernen. Dazu gehört auch, dass das Kind beispielsweise an der Straße die Hand der Eltern halten muss, um sicher zu bleiben. Um eine gewisse Uhrzeit ins Bett zu gehen oder auch als Erwachsener pünktlich zur Arbeitsstelle zu erscheinen, auch wenn ich heute "keine Lust" habe.
Die Elternrolle ist hier entscheidend: Sie sollten die Eigenständigkeit fördern, statt sie zu unterdrücken und trotzdem dem Kind Akzeptanz zur Frustration mitgeben.
Wenn Trennung blockiert wird: Übermäßige Kontrolle, emotionale Vereinnahmung oder das „Festhalten“ des Kindes können dazu führen, dass es später nicht lernt, für sich selbst einzustehen. Das kann sich äußern in:
- starker Anpassung und Harmoniesucht
- Angst vor Ablehnung bei eigenen Entscheidungen
- rebellischem Verhalten als verzweifelter Versuch der Abgrenzung
Das vierte bis sechste Lebensjahr - Triangulierung
Was ist Triangulierung?: Triangulierung bedeutet, dass das Kind erkennt: Es gibt Beziehungen, die nicht nur zwischen mir und einer Bezugsperson bestehen. Es sieht z. B., dass Mama und Papa eine Verbindung haben, die es nicht vollständig einnehmen kann.
Dieser Schritt lehrt Grenzen, Rollen, Kompromissbereitschaft – und eröffnet die Fähigkeit, Alternativen zu finden.
Die Rolle von Mutter und Vater: Für eine gesunde Triangulierung braucht es beide Eltern.
- Beim Mädchen: Es lernt, durch Ablehnung der Mutter die Zuwendung zum Vater und dadurch zum anderen Geschlecht.
- Beim Jungen: Er erkennt, dass er sich körperlich von der Mutter unterscheidet. Der Vater ist gleich und wird dadurch zum Vorbild und als Orientierungsperson betrachtet.
Wenn Triangulierung fehlt:
- Schwierigkeiten, Beziehungen mit mehreren Beteiligten (z. B. Freundeskreise, Teams) zu führen
- Eifersucht, Besitzansprüche, Abgrenzungsschwierigkeiten
- Unsicherheit im Umgang mit dem anderen Geschlecht
- gestörtes oder gehemmtes Sexualverhalten

Wenn Entwicklungsschritte fehlen – die Spuren im Erwachsenenleben
Jeder dieser Schritte baut auf dem vorherigen auf. Fehlt eine Stufe, fehlt ein Teil des inneren Gerüsts und damit ein stabiles Fundament im Leben.
- Ohne Bindung fehlt Sicherheit
- Ohne Trennung fehlt Eigenständigkeit
- Ohne Triangulierung fehlt Beziehungsfähigkeit und ein gesunder Zugang zur eigenen Sexualität
Erwachsene mit solchen Lücken reagieren oft nicht aus dem Hier und Jetzt, sondern aus dem verletzten inneren Kind heraus.
Heilung ist möglich – auch Jahrzehnte später
Die gute Nachricht: Die Psyche kann nachreifen. Mit Therapie, Selbstreflexion und gesunden zwischenmenschlichen Erfahrungen können fehlende Entwicklungsschritte nachgeholt werden.
Es erfordert Bewusstsein, Geduld – und oft den Mut, sich den eigenen Kindheitsthemen zu stellen.
Unsere ersten sechs Lebensjahre schreiben das Drehbuch unseres Lebens. Doch egal, welche Kapitel damals fehlten – wir können sie jederzeit nachträglich schreiben und so das Fundament für ein freieres, erfüllteres Leben legen.
Hast du Probleme mit Bindung, Trennung oder auch dich Selbst auszudrücken? Eine psychologische Beratung kann dir helfen.
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